15 kopflose Tage erlebt der 15-jährige Laurence, nachdem die Mutter, eine depressive Alkoholikerin, verschwunden ist. Aber Laurence ist darin geübt, die Familie zu schützen. Eine argwöhnische Nachbarin und das Jugendamt haben Mutter und Söhne schon lange im Blick, um Laurence und Jay bei einer Pflegefamilie zu parken. So hält Laurence das Verschwinden der Mutter geheim, belügt gekonnt deren Arbeitgeber, organisiert Essen und Trinken, schwänzt die Schule. Er verkleidet sich sogar als „Mum“ und übt deren Unterschrift, um Geld vom eigenen Sparbuch abzuheben. Seine große Hoffnung ist der Sieg in einem Radio-Quiz, worin er sich am Telefon für den verstorbenen Vater ausgibt. Mit dem Gewinn, einem Traumurlaub, hofft Laurence der Mutter ein wenig Lebensfreude zurückzugeben. Mithilfe einer Freundin spürt Laurence die Mutter auf, aber sie zur Rückkehr zu bewegen, gelingt erst bei einem zweiten Versuch unter dramatisch-komischen Umständen. Am Ende resümiert Laurence: „Es gibt gute und schlechte Tage. Doch die guten überwiegen die schlechten Tage immer mehr … Ein guter Anfang.“ Cousins Debüt-Text ist gleichermaßen Unterschichtmilieu-, Familien- und Charakterstudie. Laurence‘ manchmal total unreife, dann wieder sehr erwachsene Reflexionen und Handlungen spiegeln seine Überforderung und Ablehnung der Mutter ebenso wider wie seine Liebe zu ihr und dem kleinem Bruder. Gerade der einfühlsam-humorvolle Umgang mit Jay, der am liebsten Hund spielt und die ganze Welt ankläfft, nimmt für den Erzähler ein. Mal lakonisch beschreibend, mal aufs Äußerste genervt verbal explodierend, vermittelt sich über Laurence ein Modell für Nichtaufgeben in aussichtslos scheinenden Situationen. Damit weist Laurence‘ Haltung über das direkt Erzählte hinaus und ist für jugendliche Leser auf eigene Konflikte trotz tragikomischer Überspitzungen übertragbar. Cousins erklärt in einem Nachwort, getarnt als Comic-Interview mit dem Quiz-Moderator Baz, den Laurence jeden Abend aus der Telefonzelle anrief, dass ihn zu diesem Buch eine Pub-Episode inspiriert habe. Eine „sturzbetrunkene“ Frau hätte Streit mit Gästen angefangen und deren beide Söhne schämten sich deswegen. Der reale Ausgangspunkt der fiktiven Geschichte wäre für jugendliche Leser eine wichtige Lesemotivation. Das fiktive Autoren-Interview, z. B. als „Radioaufzeichnung“ getarnt, könnte einer Buchempfehlung vorausgehen und gleichzeitig das durchgängige Motiv „Tarnung“ einführen.
(Der Rote Elefant 33, 2015)