Eigentlich möchte man es nicht immer wieder sagen müssen, aber das Lektorat oder wer immer für den deutschen Titel geradestehen müsste, sollte vorher das Buch lesen. Denn: Herrn Swart – das ist der neue, etwas schrullige Philosophielehrer (so sind sie halt) – brummt der Schädel überhaupt nicht. Er weiß genau, was er tut und hat durchaus originelle Ideen, wie er philosophische Fragestellungen den zunächst maulig-uninteressierten Schülern nahebringen möchte. Das gleiche gilt für die Autorin, die in Amsterdam Philosophie studiert hat. Konzeptionell installiert sie eine Rahmenhandlung, in der eine Handvoll Schüler als Protagonisten fungieren, in deren Leben die Themen, die Herr Swart gerade am Beispiel eines Philosophen darzustellen versucht, aktuell eine Rolle spielen. So geht es z. B. in der ersten Episode im Schulunterricht um Sokrates, der für seine Überzeugung in den Tod geht. Parallel dazu versucht Svens Vater, der im Stadtrat sitzt, gegen den massiven Widerstand von Teilen der Nachbarschaft ein Begegnungshaus für obdachlose Jugendliche durchzusetzen. Tue das, was du für richtig hältst, auch wenn du dafür kämpfen musst. Eine zentrale Botschaft des Buches, das im Original „verhalen over filsofie“ heißt.
Die von Herrn Swart vorgestellten Philosophen, darunter Nietzsche, Marx, Descartes, Kant, Arendt, werden nicht in einer historischen Reihenfolge eingeführt, sondern jeweils an ein Schwerpunktproblem gebunden, ergänzt durch Details aus ihrer Biographie. Meist geht es darum, dass sie sich in heftigen Auseinandersetzungen mit ihren Zeitgenossen befanden. Das soll sie als Personen lebendig machen, aber auch immer wieder andeuten, dass Philosophieren etwas mit der jeweiligen Zeit zu tun hat, dass es um Weltbilder geht und dass somit kein Ende in Sicht ist, an dem man mit dem Fragen aufhören könnte. Das gilt vor allem für die jüngste der vorgestellten Persönlichkeiten, die feministische Denkerin Julia Kristeva. Ihr Schwerpunkt: Die Rollenverteilung von Mann und Frau in der eigenen Familie. Und dieser Konfliktstoff betrifft die Schüler sehr direkt.
Der Autorin geht es darum, die Philosophen aktuell verständlich zu machen. Von anderen Büchern dieser Art unterscheidet sich dieses – trotz manch konstruiert wirkender Szene – insgesamt durch die Lebendigkeit der Darstellung. Herr Swart tut am Ende etwas, was Schulbehörden auch in Deutschland auf die Palme bringen würde, er gibt eine Einheitsnote. Alle bekommen eine 2!
(Der Rote Elefant 33, 2015)