Es waren einmal ein König und eine Königin, denen zu ihrem Glück nur die Kinder fehlten. Und so holten sie sich Hilfe: er bei der königlichen Erfinderin, sie bei einer schlauen alten Hexe. Die eine entwickelt einen Holzroboter, der eine Käferfamilie in seinem Getriebe beherbergt, die andere erweckt ein Holzscheit zum Leben – die kleine Baumstumpfprinzessin. Diese muss jeden Morgen geweckt werden, da sie im Schlaf erneut zum Holzklotz wird. Alle Vier leben fortan als glückliche Familie, bis eines Morgens ein Unglück geschieht: Der kleine Holzroboter vergisst, seine Schwester zu wecken. Von der Zofe mit einem gewöhnlichen Holzscheit verwechselt, landet sie über Umwege auf einem Transportkahn, inmitten tausender anderer Holzscheite. Der Holzroboter geht mit an Bord, doch erst im hohen Norden findet er sein Geschwisterholz und begibt sich mit diesem auf den abenteuerlichen Rückweg.
Die Geschichte von Brüderchen und Schwesterchen aus Holz legt Tom Gauld als Märchen-Bilderbuch-Comic-Hybrid an. Die Umrisslinien und das Charakter-Design erinnern an Graphic Novels und an die Ästhetik animierter Zeichentrickfilme. Abwechslungsreich sind die Buchseiten gestaltet; der Einsatz von Miniaturen und Vignetten etwa verweist auf mittelalterliche Illustrationskunst. Der kleine Holzroboter und die Baumstumpfprinzessin ist das erste Bilderbuch für Kinder des schottischen Cartoonisten und Illustrators. Er kreiert ein gleichsam ungewöhnliches wie vergnügliches Abenteuer, spielt – in Bild und Text – mit Motiven aus Märchen (Hänsel und Gretel) und vertrauten Geschichten (Pinocchio). Die Konflikte und Herausforderungen für beide Hauptfiguren entstehen durch Irrtümer, Missgeschicke wie auch durch ihre je besondere Wesensart. Als der kleine Holzroboter vor Erschöpfung nicht weiterkann, übernimmt die Schwester den zweiten Teil des Weges, inklusive aller Abenteuer – bis auch ihre Kräfte schwinden und beide, ganz märchenhaft, von ihren Verbündeten gerettet werden.
Tom Gauld erzählt vom Glück, in einer harmonischen Familie zu leben, Geschwister und Freunde zu haben, Verantwortung zu übernehmen und füreinander da zu sein. Dabei ist es gar nicht nötig, „aus dem gleichen Holz geschnitzt“ zu sein.
Um selbst ins Märchenerzählen einzusteigen und mit dem Fabulieren zu beginnen, bieten sich die Illustrationen der unterwegs erlebten Abenteuer an, die Gauld mit je einem Bild und einer Überschrift andeutet und in denen jede Menge „Märchenzutaten“ stecken – Elfen, Räuber, Riesen, Geister und Drachen. Die Episoden laden – je nach Altersgruppe – zum freien Erfinden, Aufschreiben und natürlich zum Comiczeichnen ein.