In der Reihe „Nachgefragt“ liegt nach Bänden zu allgemeinen Themen wie Philosophie, Politik oder Weltreligionen jetzt eine Ausgabe zu einem konkreten Thema vor: Flucht und Integration. Die kurzen Überschriften der acht Hauptkapitel geben den inhaltlichen Bogen des Themas vor: Die erste lautet „Unterwegs“, die mittlere „Du ja, du nein“ und die letzte „Packen wir’s an!“, was durchaus doppeldeutig gemeint ist. Die entsprechenden Unterkapitel, meist eine Doppelseite umfassend, werden durch Fragen („Wann und wo zogen ganze Völker los?“) und einen Kurztext („Es floss viel Blut, bis Afrika die fremden Besatzer endlich los war“) eingeleitet, um die historische Dimension des Inhalts zu spiegeln. Also wie der Untertitel des ganzen Buches lautet: Basiswissen zum Mitreden.
Die Themen sind breit gestreut. Es geht von der Vertreibung aus dem Paradies bis zu den Flüchtlingen aus Syrien oder Somalia. Über die europäische Binnenwanderung, die Flucht französischer Hugenotten nach Preußen und die deutsche Auswanderung nach Nordamerika wird Migration zu einem Menschheitsthema. Die Autorin sucht in Einzelbeispielen nach Gründen und findet soziale, politische, wirtschaftliche und religiöse Ursachen für Verfolgung einerseits und die Flucht aus Not und Entbehrung andererseits. Und ebenso für Distanz und Xenophobie. Wahrscheinlich dem Blick auf junge Leser geschuldet, fällt die Argumentation, aber auch die Sprache, manchmal besonders pointiert aus („abschlachten“) oder wird appellativ („Weg damit!“). Gelegentlich werden die Verkürzungen dem eigentlich vorhandenen analytischen Anspruch nicht gerecht, wenn etwa beim Thema der Ost-West-Flüchtlinge im geteilten Deutschland die DDR pauschal als „Unrechtsstaat“ bezeichnet und damit die komplexe Situation des „anderen“ deutschen Staates im weltpolitischen Spannungsfeld unzulässig simplifiziert wird. Die politische Haltung der Autorin ist klar: Abgrenzung von Pegida und Co. und Aufforderung zu eigener Auseinandersetzung und Aktivität. „Alles, was irgendwo auf der Welt geschieht, hat immer auch mit uns zu tun.“
Ein Stichwortverzeichnis, Hinweise auf politische Organisationen und alternative Informationsmöglichkeiten ergänzen den Text, so dass die Leser des Buches andere, auch fiktionale, Darstellungen zum Themenbereich besser verstehen und einordnen können.
Für eine Annäherung an das Buch bzw. eines seiner Kapitel böten die kleinen, durchgängig in braun-roter Farbe gehaltenen assoziationsreichen Zeichnungen von Verena Ballhaus eine gute Gesprächsgrundlage.
(Der Rote Elefant 35, 2017)