Die zwei Helden – Brüder und „alte Freunde“ zugleich – leben allein in einem einfachen Haus „unter dem Himmelsgewölbe“; in der Nähe nur ein Nachbar, ein Laden und ein Fluss. Nepomuk empfindet dieses Umfeld als Paradies, Severin träumt von Expeditionen. Beide sehnen sich nach Papa, der – noch vor ihrer „Entstehung“ – in einer Wüste verunglückt sein soll. Schließlich machen sich beide auf den Weg, um den Vater zu finden. Ihre Reise dauert nur ein paar Tage und führt lediglich in die nähere Umgebung. Als sie wieder zurückkehren, erwartet sie bereits der Nachbar, ein Uhrmacher, der am Urknall experimentiert und damit sein Haus zerstört hat. Ihn küren die Jungen zu ihrem „Urvater.“
Jüngeren Kindern dürften die – in Kontrast und ‚Zeitlosigkeit’ auch trefflich ins Bild gesetzten – Charaktere schnell ans Herz wachsen. Severin, der Ältere, mit Hut und langem Mantel ausgestattet, spielt den fürsorglichen Betreuer – oft wichtigtuerisch und eigennützig. Nepomuk, der Kleine, in rockähnlicher Hose und mit Mütze, wirkt kindlich-naiv(er), doch sein Witz, formuliert in lustigen Versen, hilft über manch schwierige Situation und Gefühlslage hinweg. Beide liefern sich geistreiche Wortgefechte, ein echtes (Vor-) Lesevergnügen. Aufmerksamen und reiferen Lesern eröffnet die scheinbar ‚leichtfüßige’, märchenhafte Geschichte religiös-philosophische Dimensionen. Welcher ‚Vater’ ist bei der Suche eigentlich gemeint? Sind die Jungen doch kurz vor Weihnachten unterwegs und werden offenbar ‚gelenkt’ von etlichen Zeichen und Symbolen. So hat Nepomuk die Jesusfigur aus dem Krippenspiel stets bei sich, finden die ‚Wanderer’ nach einem Hilferuf zur Orientierung eine verschlüsselte Nachricht, begegnen sie einem Engel und letztlich weist ihnen ein Stern den Weg. Allerdings: Der Zettel mit der Nachricht ähnelt einer Einkaufsliste, den Engel verkörpert ein Zirkusmädchen und den ‚Stern’ verursachte wohl ein Feuerwerk.
Je nach Weltanschauung und eigenem Erfahrungshintergrund lässt sich Ulf Starks Umgang mit biblischen Motiven unterschiedlich deuten. Da die Kapitel sehr kurz sind, eignen sich die darin angesprochene Thesen nach dem Vorlesen hervorragend zum Philosophieren mit Kindern.
(Der Rote Elefant 27, 2009)