Wenn Dinge im täglichen Gebrauch selbstverständlich geworden sind, erscheint es fast so, als seien sie immer schon dagewesen. Zum Beispiel der Computer. Natürlich hat auch diese Allerweltsmaschine, dieses Zaubermedium eine Geschichte, und es sollte nicht vergessen werden, dass darin eine Frau vorkommt: Ada Lovelace (1815 – 1852).
Als Mädchen aus der englischen Oberschicht tanzte sie unzeitgemäß aus der Reihe, obwohl sie standesüblich heiratete und drei Kinder bekam. Ersteres war vielleicht auch das Erbe ihres leiblichen Vaters Lord Byron, ein aus ganz anderen Zusammenhängen bekannter Außenseiter, den Ada jedoch nie kennenlernte. Entscheidend für Adas Interessen waren unzweifelhaft die Mutter, eine kundige Mathematikerin, eine Hauslehrerin und ein Erfinder aus dem Bekanntenkreis, der eine mit Lochkarten arbeitende Rechenmaschine gebaut hatte. Von ihnen beeinflusst, entwickelte Ada eine Programmiersprache für eine „analytische Maschine“, die zwar nie gebaut wurde, aber als Vorläufer des modernen Computers gilt.
Adas Lebenszeit fällt in die Epoche der frühen Industrialisierung, in der die Naturwissenschaften das Denken bestimmten. Nicht nur theoretisch, sondern auch in ihrer Funktion für die Konstruktion leistungsfähiger Maschinen. Diese Zeit bildet nicht nur den historischen Hintergrund der spannenden Erzählung, sie bestimmt auch die künstlerische Gestaltung des Bilderbuchs, das auf jeder Seite mit neuen Bildideen überrascht. In die Collagen, die Situationen aus Adas Leben präsentieren, mischen sich geometrische Figuren, Werkzeuge, Zahlen und technische Details, die u. a. einer Dampfmaschine zugeordnet werden können.
Dazwischen klettert, tanzt, hüpft die kleine Ada, die nicht nur rechnen konnte, sondern offenbar eine zukunftsweisende mathematische Phantasie besaß. Das fliegende Pferd, von dem sie träumte, könnte heute ohne Probleme gebaut werden. Zur künstlerischen Technik gibt es am Ende des Buches eine Erläuterung.
Die Künstlerin setzt mit vorliegendem Bilderbuch nicht nur Ada Lovelace ein überzeugendes Denkmal, sondern versteckt darin auch den augenzwinkernden Hinweis: Kümmert euch mal um die Mathematik, nicht um das Schulrechnen, sondern die richtige Mathematik! Es könnte spannend werden. Denn: Was ist eigentlich ein Algorithmus?
(Der Rote Elefant 36, 2018)