„Na, du bist vielleicht ein komischer Vogel!“ Mit dieser Redewendung spricht die Nachbarin Frau Mäusezahl Oskar im Fahrstuhl an, als dieser sich vermeintlich „unsichtbar“ in eine Ecke drückt. Verunsichert betrachtet er sich zuhause in allen Spiegeln, kann aber nichts Vogelartiges an sich entdecken. Trotzdem will er der Sache auf den Grund gehen. Wozu hat er seine Forscherausrüstung? Im Park beobachtet er etliche Vögel, recherchiert in der Bibliothek und probiert sogar das Futter von Onkel Anselms Wellensittich. Doch verflixt! Oskar findet einfach keinen Vogel, „der so aussieht wie er …“. Bleibt noch ein Flugversuch! Mit selbst gebasteltem Vogelkostüm startet Oskar von der Hofmauer und landet unsanft direkt vor den Füßen der Nachbarin und ihrem Hund. Als Hund Hulk im Fahrstuhl den „komischen Vogel“ wegbellen will, nennt Frau Mäusezahl ihren Hund „aufgescheuchtes Huhn“. Jetzt wird Oskar klar: „Frau Mäusezahl kennt sich einfach nicht gut mit Tieren aus.“
Die Katalanin Rocio Bonilla thematisiert ideenreich die Problematik eines unterschiedlichen Sprachgebrauchs und -verständnisses. Da Oskar die Zweideutigkeit von Redewendungen nicht vertraut ist, versteht er die gleichnishaften Bemerkungen der Nachbarin, auf die er sonderbar „kauzig“ wirkt, wortwörtlich. Bonillas comichafte Illustrationen, gestaltet aus Pastell- und Aquarellfarben, machen diese Kauzigkeit des kindlichen Protagonisten vergnüglich deutlich. Oskars Forscherdrang und vielfältige Aktivitäten kommen in Mimik und Gestik gezielt ironisch überzeichnet zum Ausdruck, sodass Betrachter*innen unmittelbar an seinen Erlebnissen teilhaben. Die Verrenkungen nach dem missglückten Flug werden durch typische Comic-Elemente anschaulich: gelbes Sternchen für den schmerzhaften Po, spritzendes Blut für das aufgeschlagene Knie, Rauchwölkchen über dem benommenen Kopf und aus einem weit aufgerissenen Mund Oskars Schrei „Ich möchte kein Vooogel sein!“
Sachbuchelemente wie eine Vogeltopografie, eine Bastelanleitung für ein Vogelkostüm und ein ornithologisches Plakat untersetzen Oskars Forscherdrang und geben Anregung für eigene Erkundungen. Am Ende des Buches wird erklärt, was die Redewendung „Was für ein komischer Vogel!“ eigentlich meint. Darauf aufbauend finden sich weitere Wendungen verbunden mit der Frage „Weißt du, was sie bedeuten?“, welche zum Nachdenken und zur Auseinandersetzung mit Sprache überhaupt anregen. Sprachthematik, Sachbuchbezüge und Schriftgestaltung lassen das Buch eher für Vorschulkinder denn für Kinder ab 3 (laut Verlag) geeignet erscheinen.
(Der Rote Elefant 40, 2022)