Die 2017 für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominierte Graphic Novel Pssst! (s. a. Roter Elefant Nr. 35) haben Autorin und – nun – zwei Illustrator*innen gleichsam fortgeschrieben. Erneut liegt ein Buch vor, in dem Inhalt und Form auf ebenso außergewöhnliche wie gelungene Weise zusammenspielen.
Zunächst fällt ins Auge, dass es wahlweise aus der einen oder anderen Richtung gelesen und betrachtet werden kann. Der vordere Buchdeckel mit dem Titel Herzsturm offeriert eine (aus Pssst! schon bekannte) Mädchenfigur, der hintere mit Sturmherz betitelte Deckel rückt einen auf ein Mädchen blickenden Jungen in den Vordergrund. Die Mittelseiten füllt ein dreigeteiltes Bild: Oben und unten eilen das Mädchen oder der Junge per Fahrrad los, beide mit einem Brief in der Hand; mittig zeigt eine Draufsicht, wie sie einander begegnen. An der Stelle darf umgedreht werden!
Die Struktur des Buches entspricht der erzählten Geschichte aus Mädchen- und Jungenperspektive. Verfolgte Pssst! Heranwachsen und Identitätssuche Violas, ist nunmehr die erste Liebe das zentrale Thema und nimmt schon etwas ältere Leser*innen ins Erleben auf beiden Seiten mit. Zwischentitel wie „Ich fliege“ oder „Bauchlandung“ / „Wie blöd kann man nur sein?“ oder „Paukenschlag“ deuten bereits an, welche Nuancen dabei zur Sprache kommen. In Violas und Storms (= dänischer Jungenname) Gefühlsstürmen, Unsicherheiten, Suche nach Vorbildern und ‚richtigen‘ Verhaltensweisen finden sich Jugendliche je nach Geschlecht und eigenen Erfahrungen wieder. Dass die beabsichtigte Wirkung aufgeht, liegt nicht zuletzt daran, dass den Mädchenteil eine Illustratorin und den Jungenteil ein Illustrator ‚mitgeschrieben‘ haben. Beider Zeichenstile sind (ebenfalls) nicht deckungsgleich und spiegeln die jeweiligen Umgebungen und Sichtweisen wider. Doch durch Ähnlichkeiten in – wiederum äußerst abwechslungsreicher – grafischer Gestaltung und das Verzahnen einzelner Szenerien bis hin zum eventuellen happy end bleibt im Verschiedenen das Gemeinsame, Violas und Storms Liebesanfang, durchweg im Fokus. Auch anderen Verlagen sollte das Buch Beweis sein, wie fruchtbringend gemeinsame Text-Bild-Arbeit eines Künstlerteams sein kann. Vermittler*innen bietet es vielerlei Anregungen, auch literarische Zitate, um es jungen Menschen kreativ ans Herz zu legen.
(Der Rote Elefant 36, 2018)