Den hellen Sonnentag würde der Vater am liebsten Fußball guckend auf dem Sofa verbringen. Doch sein abenteuerlustiges Töchterchen zieht es hinaus – zu einer Gipfel-Wanderung bis zur „spitzigen Spitze“: „Annou alé! Los geht’s!“ Außerhalb der Stadt müssen Felsen erklettert, Dschungel durchquert, ein Fluss passiert werden. Den Vater plagen Insekten, das Kind verletzt sich, verliert das Handy und wird müde. Aber Aufgeben kommt nicht in Frage – und schließlich ist „die Höhe“ geschafft. Der weite Ausblick über Stadt und Meer entschädigt beide für die Strapazen. Und nun? Zurück?
Für seine kleine, liebenswerte Vater-Tochter-Geschichte braucht Paul nicht viele Worte. Mittels kurzer, auktorial erzählter, manchmal lautmalerischer Passagen versetzt er Figuren wie Leser*innen in hitzig-schwüle Atmosphäre und tropische Pflanzen- und Tierwelt. Nur vier Worte – „Atmen. Steine. Brennen. Schwitzen“ – genügen ihm, die Mühseligkeit der Wandernden poesievoll mitfühlen zu lassen. Deren ebenfalls knappe, ping-pong-artige, in der Übersetzung mit Wörtern aus dem Kreolischen (der Erstsprache des von der Insel Santa Lucia stammenden Autors) gespickte Dialoge spiegeln beiderseitige Ungeduld, faszinierende Entdeckungen, Ermüdung sowie mehrfaches gegenseitiges Aufmuntern. Indem die wörtlichen Reden formal nicht gekennzeichnet und zugeordnet sind, lenken sie den Blick (Vor-)Lesender unweigerlich auf die bildlichen Porträts der Protagonisten. Wer sagt was?
Zeigen Cover und Vorsatzseiten die Wandernden bereits auf dem Weg, folgen die doppel- wie ganzseitigen Illustrationen dem Plot und stellen gleichsam in Szenen einzelne Stationen dar. Teils zoomt Alcántara ganz dicht an die Gesichter heran und gestaltet ausdrucksvoll kindliche Neugier, väterliche Sorge, beider Anstrengungen, Erschöpfung und gemeinsame Freuden.
Der Nachsatz regt zu einem Suchspiel und damit zum Zurückblättern und nochmaligen Hinschauen an: Welche Tiere, Pflanzen und Gegenstände lassen sich wiederentdecken?