In einem Dorf in Griechenland, auf der Insel Korfu, lebt Mikis mit seiner Familie. Eines Tages hat der Großvater eine Überraschung für ihn. Die Überraschung steht im Stall und hat zwei große Ohren: eine Eselin. Doch eine Spielkameradin soll sie nicht sein, schließlich sind Esel Arbeitstiere. Aber einen Namen darf Mikis der Eselin geben. Dass er ihr dabei ein Mitbestimmungsrecht einräumt, amüsiert die kopfschüttelnden Erwachsenen. Fortan verbringt Mikis viel Zeit mit Tsaki. „Der Junge, der mit Eseln spricht“, so nennt ihn sein Großvater. Reiten darf Mikis auf Tsaki und dabei sein, wenn diese schwerbeladen die Körbe mit Holz vom Olivenhain auf dem Berg hinunter ins Dorf trägt. Als Tsaki, vom Großvater „Traktor auf vier Beinen“ genannt, schmerzhafte Folgen der Arbeit davonträgt, sorgt Mikis kurzentschlossen für die Behandlung der Wunden. Er gibt dem Opa „Eselunterricht“ und ermahnt ihn, achtsamer mit Tsaki umzugehen. Ab sofort hat Tsaki sonntags frei und Zeit für Ausflüge mit Mikis und dessen Freundin Elena. Als die Eselin eines schönen Nachmittags ausbüxt, bleibt dies nicht ohne Folgen.
Bibi Dumont Tak (DJLP-Nominierung 2010 für „Kuckuck, Krake, Kakerlake“) stellt erneut ihr gekonntes Erzählen unter Beweis. Angeregt durch einen Aufenthalt auf Korfu, wo sie einen Esel-Gnadenhof besuchte, entstand eine wunderbare Geschichte über die Freundschaft zwischen Mensch und Tier und zugleich eine warmherzig-humorvolle Familien-, Schul- und Liebesgeschichte. Schließlich wissen Mikis und Elena schon, wen sie einmal heiraten wollen. Und beobachten genau, was die Frisur ihrer Lehrerin über deren Liebesleben verrät. Klug verdeutlicht Dumont Tak die Notwendigkeit, die traditionelle Tierhaltung zu hinterfragen, um Veränderungen herbeizuführen. Hier geschieht dies im Kleinen. Für Mikis ist der achtungsvolle Umgang mit Tsaki selbstverständlich. Letztlich überzeugt er den Großvater sogar davon, der Eselin einen neuen Stall zu bauen – einen mit Fenstern. Vergnüglich ist diese (Vorlese)Geschichte, angefangen mit der Namensfindung (die auch eine erzählerische Klammer bildet) bis hin zu den feinen, hintersinnigen Beschreibungen des Zusammenlebens.
Philip Hopmans skizzenähnliche Zeichnungen sind im selben Olivgrün gehalten wie der Text und zeigen stimmungsvoll Figuren, Situationen und Landschaft. Die ersten fünf Bilder, angefangen mit dem Vorsatzpapier, dienen dem Einstieg in die Geschichte. Zoomartig führen sie den Blick des Betrachters immer näher an das Geschehen heran – vom fernen Blick auf die Insel im Meer bis hin zu Mikis gestikulierendem Großvater unter der Platane auf dem Dorfplatz.
(Der Rote Elefant 32, 2014)