Kinder interessieren sich nicht immer für Kunst, für Tiere jedoch mit Sicherheit. Der großformatige, qualitativ hochwertige Bildband „Was macht der Bär im Museum?“ präsentiert sich als beeindruckendes Kaleidoskop von Tierdarstellungen, 37 an der Zahl, angefangen bei urzeitlichen Höhlenmalereien bis zu Arbeiten aus dem Jahre 2000.
Die Kinder-Kunstbücher-Verlegerin Claire d’Harcourt hat einen einfachen und sehr klugen Weg gefunden, Epochen, Stile und unterschiedliche bildkünstlerische Ausdrucksformen und Techniken aus der Kunstgeschichte in einem Buch zu vereinen. Dabei ordnet D’Harcourt die Tier-Abbildungen nicht nach Epochen, wie es vielleicht in einem Schulbuch oder einem Kunstführer üblich wäre, sondern nach bestimmten Charakteristika der Tiere: Fell und Pelz; Federn und Flügel; Haut, Schuppen und Panzer. Diese Vorgehensweise mag manchmal verwundern, haben doch Hahn und Fliege oder Hai und Elefant nicht viel gemeinsam, garantiert jedoch eine große Abwechslung und bietet die Möglichkeit, ganz verschiedene Darstellungsweisen auf einer Doppelseite zu zeigen. Fast jedes Tier wird mit zwei Kunstwerken aus verschiedenen Zeiten und Ländern präsentiert. Da sitzt z.B. eine Fliege von Francois-Xavier Lalanne riesig-demonstrativ in einer gefliesten Zelle. Das Hinterteil ist ein geöffnetes Klosett, das Objekt besteht aus Blech, Stahl, Porzellan, Palisanderholz und Glas. Gegenüber ein Stilleben von Georg Flegel aus dem Jahre 1636 mit einer Fliege auf einem Brotlaib am Bildrand. Im Gegensatz zur Klosettfliege fängt diese Fliege keineswegs den ersten Blick, eher die vordergründige Weinkaraffe. D’Harcourt kommt es auf Spannung zwischen den Abbildungen an und es geht ihr um ein ausgeglichenes Verhältnis von Malerei, Grafik und Skulptur. Selbst die Fotografie ist mit einem Beitrag vertreten.
Auch erwachsene Kunstkenner wird die eine oder andere Darstellung überraschen, da d’Harcourt nicht nur die bekanntesten Künstler der Kunstgeschichte einbezieht. Besonders die afrikanischen und ozeanischen Masken und Gebrauchsgegenstände besitzen eine ganz eigene Faszination, auch im Vergleich mit den europäischen „Klassikern“ und moderneren Skulpturen. Somit vermittelt der Bildband Kindern die verschiedenen Ausdrucksmöglichkeiten der Kunst und kann so ihre eigene Phantasie und Kreativität fördern. Welche Tiere könnten die Kinder aus Fundstücken wie Ästen, Federn, Steinen, Scherben, Korken, Blechbüchsen oder Draht herstellen? Der Abbildungsteil wird ergänzt durch eine kurze Geschichte der Tierdarstellungen in der Bildenden Kunst nebst Informationen zu den einzelnen Kunstwerken und deren Ausstellungsorten.
(Der Rote Elefant 25, 2007)