Das grüne Königreich
Illustration: Franziska Blinde
Aus dem Englischen von Anna Schmitt Funke
192 Seiten
ab 10 Jahren
€ 18,00

So hat sich die 12-jährige Caspia ihren Sommer nicht vorgestellt. Statt mit ihren Freundinnen in ihrer heimatlichen Kleinstadt Eis zu essen oder im Fluss zu schwimmen, muss sie mit ihren Eltern für elf Wochen ins trubelige New York ziehen. Sie hasst Großstädte. Doch ihr Sommer wird ganz anders verlaufen als befürchtet. In ihrer etwas altmodischen, mit Blumen dekorierten Unterkunft entdeckt Caspia in einer alten Kommode die Briefe der jungen Rosalinde: Vor über 60 Jahren befand sich Rosalinde mit ihrem Vater auf einer Expedition um die ganze Welt und ließ ihre blinde Schwester Minna anhand von Pflanzen-Rätseln an ihren Reisen teilhaben. Die Rätsel führen Caspia durch Brooklyn und lassen sie die Welt der Pflanzen, das „grüne Königreich“, entdecken. Hinweise, die zur Auflösung der Rätsel beitragen, findet sie in Mrs. Wahids Laden der 1000 Gewürze, im Botanischen Garten, mit Unterstützung vom Gärtnersohn Ado, oder im Blumengeschäft „Blüten & Bücher“, in dem die lebensfrohe Jemila arbeitet. All diese Orte und Menschen verzaubern Caspia. Wie die Pflanzen, die sie auf ihrer Fensterbank züchtet, beginnt sie, in der Großstadt Wurzeln zu schlagen.

Der beliebten Kinderbuchautorin und DJLP-Prämierten Cornelia Funke gelingt es erneut, erstmals gemeinsam mit der Ethno-Botanikerin Tammi Hartung, ein Buch zu kreieren, in dessen fantastisch-fremde Welt die Leser*innen leicht eintauchen können, diesmal in die Welt der Pflanzen. Die Schwarzweiß-Zeichnungen von Franziska Blinde illustrieren die Geschichte in comicartigen Einzelbildern, zeigen Pflanzen, Tiere, Fabelwesen sowie Handlungsszenerien. Auch Rosalindes handgeschriebene Briefe und die „Abenteuerrezepte“ von Caspias Mutter finden sich im Buch. In bildhafter Sprache wird der Blick von außen auf eine kindliche Wahrnehmung gerichtet, die sich im Laufe der  Zeit verändert: Die Protagonistin lernt, ihre neue Lebenswelt anzunehmen.

Sie schickt ihren zu Hause gebliebenen Freundinnen die Pflanzenrätsel und teilt ihre Erlebnisse und Begegnungen in einer Handy-Chatgruppe. So verbinden sich Rosalindes Damals und Caspias Heute. Die (etwas klischeehafte) Diversität der neuen Freund*innen darstellend, deren Familien aus verschiedenen Teilen der Erde stammen, lässt die Autorin zum Beispiel die Baumwollpflanze nicht nur eines Rätsels Lösung sein, sondern regt damit auch zur Auseinandersetzung mit Jemilas Familiengeschichte und der Sklaverei an. Von der Minze gelangen Caspia und ihre Freund*innen zum griechischen Mythos der Minthe. Am Ende des Sommers kehrt die Hauptfigur mit neuen Erfahrungen nach Hause zurück.

Als Einstieg in die Leseexpedition könnte das ans Ende des Buches gestellte, nicht aufgelöste Pflanzenrätsel dienen. Welche Möglichkeiten der Recherche gibt es, um die Lösung zu finden?