Menschen in Großstädten kennen das: Der Sommer ist heiß, auf den Straßen ist es laut. Die Mitmenschen nerven, alles ist anstrengend. Und dann gibt es diesen Punkt, an dem man einfach nicht mehr kann und will. Wie gut, wenn es in diesem Moment jemanden gibt, der einen da rausholt, einfach mitnimmt und genau weiß, was jetzt nötig ist.
So geht es einem Dackel, der vor Erschöpfung und Verzweiflung mitten auf der Straße sitzen bleibt. Sein Frauchen nimmt ihn kurzerhand auf den Arm und bringt ihn ans Meer, wo die beiden einen wunderbaren Tag am Strand verbringen. Der Wind weht, der Hund kann rennen, mit den Wellen spielen, Steine sammeln – bis zum Sonnenuntergang. Dann geht es zurück in die Stadt, die nun wieder Heimat ist und sich von ihrer angenehmen, entspannteren und vertrauten Seite zeigt.
Doug Salatis knapper Text gewinnt durch die Verkürzung eine geradezu poetische Qualität: „… nichts wie weg … immer schneller“, „weiter blauer Himmel, eine salzige Brise“, „es riecht aufregend anders“, „eine Insel … wild und still und endlos“. Durch die großen Sprünge im Text wird den Illustrationen viel Raum gegeben, das Geschehen zu zeigen und nachempfindbar zu machen. Der wimmelbildartige Einstieg in die Geschichte, häufige Perspektivwechsel und Anschnitte machen den Stress der Großstadt spürbar. Die aus Comics bekannten Geräuschwörter zeigen den Lärm, die orange-gelb bis rote Farbgebung unterstreicht die Hitze in der Stadt.
Mit Rahmen versehene und größtenteils vertikal gestaltete Einzelbilder verstärken das beklemmende Großstadtgefühl. Wenn die beiden Hauptfiguren dann endlich am Ziel ankommen, wird der Betrachter, so wie sie, durch den blauen Himmel erfrischt.
Salati gestaltet ihn mit kräftigem Pinselstrich und Wasserfarben. Die Bilder sind nun nicht mehr umrandet, sondern erzählen in unterschiedlichen, meist horizontalen Formaten und mit großer Dynamik von der Freude, dem Glück und dem Freiheitsgefühl der Kurzurlauber. Es ist faszinierend, wie Salati es schafft, die vielen Emotionen seiner einfach und fast grob gezeichneten Figuren und ihre Zuneigung füreinander zu zeigen und so eine starke Bindung und Nähe zu den beiden zu erzeugen.
Ein Tag am Meer (im Original Hot Dog, 2023 mit der Caldecott Medal ausgezeichnet) ist ein wunderbares Sommerbuch, das beide Situationen – in der Stadt und am Strand – nachvollziehbar und überzeugend einfängt. Dabei vermittelt das Buch Einfühlungsvermögen und Fürsorge, wobei die hier gezeigte Verbundenheit zwischen Mensch und Tier leicht auf andere Beziehungskonstellationen übertragen werden kann. Ein gemeinsamer Austausch über Sommererlebnisse und/oder emotionale Notsituationen, aus denen Kinder vielleicht schon mal von jemand anderem „gerettet“ wurden, können die Beschäftigung mit diesem Buch vor-, aber auch nachbereiten.