Ari, 17, genannt „Schredder-Ari vom Feuerberg“ ist selbstbewusst, ungestüm und meinungsstark. Die Skaterin lebt in einer Hochhaussiedlung am Rande einer Kleinstadt und macht eine Ausbildung zur Malerin. In ihr Notizbuch schreibt sie über ihre Freundschaften, ihren alleinerziehenden Vater Bob, ihre psychisch kranke Mutter Fanni, die zurück in die Stadt ziehen möchte, und über Tom, den Neuen, der am Ostermontag mit voller Wucht über den Skateplatz raste. Nach Toms erstem Auftritt ist Ari überzeugt: Er ist „einer von den Arschlöchern“. Trotzdem verliebt sich die bis dahin von ihren Freund*innen für lesbisch gehaltene Teenagerin (sie hat einmal ein Mädchen geküsst) in ihn. Tom beginnt eine Beziehung mit Leyla, taucht jedoch immer wieder in Aris Nähe auf. Diese beobachtet seine zunehmende psychische Labilität und vermutet, dass Tom den Suizid seines Vaters nicht verarbeitet hat. 

Im Zentrum des Preisträger-Romans des Deutschen Jugendliteraturpreises 2024 steht Aris Auseinandersetzung mit sich und ihrer Umwelt, insbesondere mit ihren Gefühlen, die sie für Tom hegt. Sie hält in ihrem Notizbuch Geschehnisse, Gedanken, Wertungen und Fragen fest: über das Verliebtsein und die Liebe, Geschlechterrollen, soziale Unterschiede, über psychische Krankheiten und die Zukunft. Dabei fungiert das Skaten auch als literarisches Motiv für die herausfordernden und fragilen Momente des Lebens, Momente, die zum Kippen oder Abrutschen führen können. „Wo ist der Rand? Fällt man einfach irgendwann runter, und merkt man das […]?“ Die Gestaltung der vielfältigen Themen fängt realitätsnah die Lebenswirklichkeit der erwachsen werdenden Romanfigur ein. Das den Leser*innen vorliegende Notizbuch, unterteilt in vierzehn Kapitel, beinhaltet chronologisch die Ereignisse von zwei Wochen, manchmal nur wenige, wichtige Minuten eines Tages. Zu Beginn ihrer Aufzeichnungen stellt Ari fest: „Es gibt keine Anfänge.“ Alles würde ineinander übergehen. Entsprechend konsequent bleibt auch das Ende der Erzählung offen.  

Eva Rottmann lässt ihre Ich-Erzählerin unsentimental, direkt, fast ruppig die Menschen und Ereignisse, die sie bewegen und beschäftigen, beschreiben. Gleichzeitig transportieren sich Aris Sensibilität, Unsicherheit und ihre tieferen Gefühle, wie die Zärtlichkeit und Verbundenheit Bob gegenüber. Die von gegenseitigem Verständnis geprägte Vater-Tochter-Beziehung ist eine Besonderheit in der aktuellen Jugendliteratur. Auch die Randfiguren überzeugen: Sie werden durch zahlreiche Dialoge lebendig, in denen sie sich schlagfertig zeigen, aber auch nachdenklich-differenziert ihre Sichtweisen verbalisieren. Dabei erzählt die Autorin von Liebe jenseits bekannter Klischees. Die Beziehungen zwischen den Figuren werden nicht von Leichtigkeit bestimmt, sondern von Reflexion und Aushandlungen über das gemeinsame Miteinander.