Schon das Buchcover verrät, mit welchem Genre hier ironisch gespielt wird. Darauf grinst ein schlauer Fuchs mit Agentenkoffer und Superlauschohren verschmitzt die Betrachter* innen an und hält ein Huhn an einem sogenannten „Sprühseil“. Das Gitterrätsel auf dem Vorsatzpapier führt mitten in den späteren Kriminalfall. Als Vorgeschmack sind hier schon mal versteckte Begriffe aus der Geschichte zu suchen. Schlaufuchs Marrone, bekleidet mit Trenchcoat und breitkrempigem Hut, erinnert an Kultdetektiv Philip Marlowe oder auch Pommeaux‘ Detektiv John Chatterton. Wie diese sitzt er in einem gut getarnten Büro, wartet gelangweilt auf einen interessanten Fall und wie diese ist er ein knallharter Detektiv mit rauer Schale und weichem Kern. Zum Glück wird Jackys Warterei von Frau Bolte, Witwe eines berühmten Hühnerforschers, unterbrochen: Witwe Boltes goldene Eier legendes Huhn Aurelia wurde gestohlen! Die Diebe haben Spuren hinterlassen, sodass Marrone mit seinem „SpuSiSauger“ aus dem SuperSpecialAgentenkoffer diesen bis zum Pfandleihhaus „Alles aus Gold“ des R. Stilzchen in der Grimmstraße folgen kann. Dort scheinen sich dubiose Dinge abzuspielen, wobei auch die gesuchten Pancake-Brüder eine gefährliche Rolle spielen. Letztlich wird es richtig brenzlig. Aber natürlich löst Jacky Marrone mit Hilfe seiner kleinen grauen Zellen und genialem Agentenzubehör in einem großen Showdown bravourös seinen ersten Fall.
Geschickt parodiert Biermann Motive aus Kriminal- und Spionage-Romanen. Allein einen Fuchs mit der Suche nach einem Huhn zu beauftragen, lässt schmunzeln. Überdies verweist sie schreibend und zeichnend auf weitere literarische Genres, wie Grimms Märchen oder Buschs Bildgeschichte „Max und Moritz“, spielt mit bekannten Figuren, wählt sprechende Namen und schafft so weitere intertextuelle Bezüge. Da Geschichte und Illustrationen aus einer erfahrenen Hand stammen, stützen der bewusste Einsatz von Typographie, Schriftgröße und comichaften Zeichnungen die Textbotschaft. Sie teilen den Erzähltext auf und heben Entscheidendes hervor.
Mit dieser die Aufmerksamkeit bindenden Gestaltungsweise schuf die Künstlerin ein originelles Kinderbuch, das auch Wenig- und Erstleser*innen entgegenkommt. Immer wieder lassen sich neue, vergnügliche Details entdecken. Besonders der illustrierte Katalog des Agentenspezialgeschäftes wird den Nerv der angesprochenen Altersgruppe treffen und lädt zum Erfinden eigener Detektivausstattungen ein. Weitere Empfehlungen zum kreativen Umgang mit diesem für den DJLP 2019 nominierten Buch finden sich unter www.jugendliteratur.org. Auf Marrones zweiten Fall dürfen junge Leser*innen gespannt sein!
(Der Rote Elefant 37, 2019)