Handlungsort ist eine kleine Stadt am Fjord mit ungepflegten Häusern, einem schäbigen Bahnhof und einer Fabrik, deren Geräuschemissionen die Anwohner nachts um den Schlaf bringen. Dort lebt die 15-jährige Idun. Ihre Eltern sind geschieden, der Bruder ist weg zum Studium, Freunde hat Idun keine. Das einzige, was für Idun wirklich zählt, ist ihr Sport, der 800 m-Lauf, für den sie sich beim Training quält ‒ und der Trainer, an den sie sich dann anlehnen kann. Sie konnte froh sein, als ihre Kusine Mai eine Zeit lang bei ihnen wohnen soll. Aber die ist so merkwürdig, prahlt mit ihren Männererfahrungen, kommt nur manchmal in Iduns Zimmer, das sie dann ihr U-Boot nennen, um sich auszuheulen. Die Mädchen lernen ein paar Jungs kennen, Freigänger von der Insel, auf der der Jugendstrafvollzug ein paar Häuser unterhält. In einem Resozialisierungsprogramm können die Jungs auf dem Festland zur Schule gehen. Johan, mit dem Mai sich einlässt, hat eine lange Strafe zu verbüßen, er hat seinen Vater, „das Schwein“, getötet. Idun und Mai rudern heimlich zur Insel, um ihre Freunde zu besuchen. Beim zweiten Mal werden sie erwischt. Johan droht die Rückführung in die geschlossene Anstalt. Am Tag danach fehlt ein Boot, Mai und Johan sind verschwunden. Als das Boot auf dem Fjord treibend gefunden wird, weiß niemand, ob die beiden einfach nur geflohen sind, einen Unfall hatten oder Selbstmord begangen haben. Die Autorin lässt Idun ihre deprimierende Geschichte selbst erzählen, fast teilnahmslos, wie eine Außenstehende, die nur beobachtet. Doch hinter dieser Distanz kann man ihre Gefühle erahnen, ihre Unsicherheit, ihre Ängste, ihre Hoffnungen. Von außen gibt es niemanden, der helfen kann. Es muss aus der eigenen Kraft geschehen. In der letzten Szene, mitten im Wettkampf, trifft Idun eine Entscheidung. Sie weicht von der Strecke ab, läuft in den Wald, setzt sich an einen Baum und nimmt die Natur wahr, intensiv wie noch nie. Sie ist (ähnlich wie Silitoes Langstreckenläufer) bei sich angekommen.
Ein Buch, das die Selbstzweifel der Pubertät ernst nimmt, sich sprachlich ganz in der Nähe der Protagonistinnen befindet und das sich wohl eher zur individuellen Lektüre eignet denn zum Diskutieren. Außer mit der besten Freundin. In einem „U-Boot“.
(Der Rote Elefant 31, 2013)