„Manchmal habe ich Angst, dass ich nicht begreife, dass sich etwas verändert hat, dass es schon lange vergangen ist und ich es nicht bemerkt habe.“ Mit ihrer älteren Schwester Emma vereinbart die 13-jährige Jette deshalb: „Sagst du mir bitte Bescheid, wenn du begreifst, dass gerade in diesem Moment der Sommer gekommen ist?“ Jette ist mit vielen ungewollten Veränderungen konfrontiert. Ihre Eltern haben sich getrennt, der Umzug aus dem Elternhaus steht unmittelbar bevor. Die Mutter hat einen neuen Partner, der nicht merkt, „wenn etwas nicht passt“. Jettes beste Freundin Walli ist in eine andere Stadt gezogen und meldet sich nicht mehr; Emma wird nach dem Abitur weggehen. Das Bedrückendste ist jedoch, dass ihr geliebter Großvater dement geworden ist.
Josefine Sonnesons Debütroman Stolpertage (DJLP-Nominierung, Sonderpreis Neue Talente Autor:in 2023) ist eine Coming-of-Age-Geschichte, in der sensibel vom Abschied von der Kindheit erzählt wird, die immer mehr zur Erinnerung wird. Nach und nach öffnet sich für Jette ein Weg, um im neuen Jetzt anzukommen. Dabei durchlebt sie einen Reflexions- und Klärungsprozess, in dem sie sich mit ihren zwischenmenschlichen Beziehungen und Verlusterfahrungen auseinandersetzt. Nach und nach akzeptiert sie die erfolgten und bevorstehenden Abschiede, darunter auch einen endgültigen: den Tod des Großvaters.
Die Handlung des Romans konzentriert sich auf wenige Tage im Frühling, erzählt aus Jettes Perspektive mit vielen Rückblenden. Die Protagonistin ist introvertiert und beobachtet ihre Umwelt genau. Sie versucht, sich auf eigene Weise den Ereignissen um sie herum anzunähern. Josefine Sonneson erzählt behutsam und einfühlsam, gleichzeitig klar und eindringlich, wobei sie Jette eigene Worte für ihre Wahrnehmungen finden lässt, zum Beispiel „kennenverlernt“ für Wallis Entfremdung von ihr. Der Erzählton behält auch bei steigender Dynamik der Ereignisse etwas Schwebendes. Ungewöhnlich detailliert, realitätsnah und als sanftes Hinübergleiten ins Jenseits gestaltet die Autorin die Szene, in der der Großvater stirbt. Auch die Darstellung der Schwesternbeziehung ist besonders: Im Miteinander der beiden zeigt sich mehr durch Gesten als durch Worte großes gegenseitiges Verständnis. Am Ende des Buches klingelt Jettes Telefon und Emma, die inzwischen ausgezogen ist, verkündet: „… er ist da, der Sommer ist jetzt da“.
Ausgewählte Textpassagen, in Kombination mit zugehörigen Requisiten könnten zu den Veränderungen in Jettes Leben, zu ihren Stolpertagen hinführen und zum Erfahrungsaustausch einladen: An welche Momente der Veränderung erinnern sich die Jugendlichen?