Was Kinder schon immer über Sex wissen wollten, vermittelte die Autorin bereits 2014 in ihrem Buch Klär mich auf: 101 echte Kinderfragen. Nun also alles über Sex bei den Tieren.
Was die Autorin da alles über Anatomie, Fortpflanzungsverhalten und Liebesrituale der Tiere usw. an Wissen ausbreitet, ist wirklich erstaunlich. Auch für Erwachsene! Ob sie es – die Tiere – im Wasser treiben (wie die Bootsmannsfische), in der Luft (die Mauersegler), in der eigens errichteten Zeugungsarena (Pinguine) oder vom Baum hängend (Nacktschnecken), die Methoden zum Ziel zu kommen, sind erfinderisch und merkwürdig, zum Staunen geradezu. Auch was danach passiert, wie der Nachwuchs in die Welt kommt: ruckzuck oder mit langer Betreuungsphase, das ist so unterschiedlich wie das jeweilige Aussehen oder das benötigte Zeugungs- und Geburtsmilieu. Im Reich der Natur findet sich einfach alles: Sex als Lustgewinn (Bonobos), Gruppensex (Palolowürmer) oder Homosexualität (Löwen u. a.). Wie die Autorin selbst sagt: „Es gibt nichts, was es nicht gibt.“ Das zu erfahren, ist für Kinder mit Sicherheit spannend, lehrreich und belustigend. Ganz gleich, ob dann Fragen entstehen, die zu Charles Darwin und der Entstehung der Arten führen oder ob Einsichten über die Formen der Sexualität zwischen Menschen gewonnen werden. Die Bezeichnungen für die Genitalien sind ohnehin übertragbar.
Die Autorin erzählt ihre bemerkenswerten Geschichten so locker und selbstverständlich, dass ihre Haltung auf die Leser*innen abfärbt. Reden kann man über alles. Zugleich unterstützen die originellen und oft witzigen Illustrationen einen unbeschwerten Umgang mit dem Thema. Sie haben eine lebendige Farbigkeit, erzählen manchmal eine eigene Geschichte und sind ein ebenbürtiger Gegenpart zum Text. Wie der Rivalenangriff der Marienkäfer, der Brutalsex der Haifische oder der schmachtende Blick verliebter Löwen dargestellt wird, ist einfach köstlich. Für den Blauwalpenis sind dann Aufklappseiten nötig.
Unabhängig vom Lerneffekt über Vorgänge in der Natur, speziell der Tierwelt, ist das Buch ein besonders gutes Beispiel dafür, wie Zugang zu Tabuthemen eröffnet und ein offenes Gespräch ermöglicht werden kann. Auch wenn es zunächst ein „Guck mal, auf Seite 65, die Elefanten“ geben wird, entsteht über die Fülle des angebotenen Materials und den im Grunde ernsthaften Ton der Kommentare eine Haltung des sachbezogenen Interesses. Und die ist nützlich und auf andere Gegenstände übertragbar.
(Der Rote Elefant 36, 2018)