Das neue (Meister)Werk des Schweizer Künstlerduos setzt in Stoff und Adressierung das „Liebhabe“-Buch „Da bist du ja!“ (RE 33) geradezu fort. Wieder besteht das Figurenensemble aus nur zwei Protagonisten, vermenschlichten Tieren, und auch Interieur und Plot sind minimalistisch. Aber was für ein gedanklich-emotionaler Kosmos!
Rigo ist ein älterer „Zoo“-Leopard. Das erklärt, warum er Rosa, eine ängstliche junge Maus, nicht frisst. Stattdessen kommen beide ins Gespräch und kuscheln. Der ersten Begegnung im Gehege („Ganz sicher“) folgen 27 weitere Treffen. Darin passiert äußerlich nicht viel: schlafen, aufwachen, sich putzen, Runden drehen, klettern; aber auch malen, Langeweile schieben, toben, lachen und – vor allem: sich unterhalten. In den Gesprächen zwischen Groß und Klein, Alt und Jung bzw. Erwachsenem und Kind gehen Tierisches und Menschliches eine höchst kunstvolle, vergnüglich-anregende Symbiose ein. Anlässe für unbeschwert-hintersinnige Dialoge des „mausig-leopardigen“ Paares liefern sowohl vermeintlich naive Kindfragen („Wie dick ist eigentlich ein Sonnenstrahl?“) als auch erwachsene Fürsorge („Was ist passiert?“). Inhaltlich sind die Themen breit gefächert. Sie reichen vom Austausch über alltägliche Freuden („Feiern“) oder Ärgernisse („Gesundheit“) über zwischenmenschliche Verhaltensweisen („Nichts als die Wahrheit“) und tiefe Gefühle („Vertrauen“) bis hin zu Rätseln des Universums („Die ganze Welt“). Antworten zu finden, ist nicht allein Sache des Älteren; vielmehr gelangen Erwachsener und Kind stets auf Augenhöhe und in wechselseitigem Verständnis zu Einsichten bzw. Erkenntnissen. Eine Erkenntnis kann z. B. darin bestehen, dass fragen manchmal wichtiger ist als antworten oder nicht jede Frage eine Antwort braucht. Grundsätzlich laufen die Gespräche meist auf eine humorige (manchmal voraussehbare) Pointe hinaus. Zwischendurch jedoch wird oft und lustvoll gespielt, so dass Leser jeden Alters selber gern spracherfinderisch mitmachen, eigene Vorstellungskraft entwickeln oder einfach Bewegungen, Mimik oder Laute nachahmen wollen (Wie wär‘s mit „Wer kann dümmer gucken?“. Bestimmt „kolo- primaxibar“!).
Außer den Protagonisten tauchen in den farbigen Illustrationen, die in ihrer Detailtreue „der Natur abgeguckt“ erscheinen, weitere Zoobewohner auf, welche ebenfalls eindrucksvolle tierisch-menschliche Züge in Mimik und Körpersprache aufweisen. Mittels eines Buntstiftes, den Rosa eines Tages findet und fortan benutzt, ist den einzelnen Episoden zusätzlich eine witzige Rahmenhandlung unterlegt, die zu eigenem (Weiter)Erzählen anregen kann.
(Der Rote Elefant 34, 2016)