Im Zusammenhang mit einer viel gelobten Neuübersetzung der bekannten Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn hat der Hanser Verlag verdienstvollerweise auch die bei-den weniger bekannten Jugendromane Twains „Tom Sawyer als Detektiv“ und die hier zu besprechende Reise von Tom, Huck und dem befreiten Sklaven Jim nach Afrika ediert. Die neue Übersetzung liest sich flott und unterhaltsam und verleiht in den Dialogen den jeweils Sprechenden ein klares Profil.
Am Anfang der Geschichte langweilen sich die Freunde unsäglich und niemand will ihren wiederholt erzählten Abenteuern noch zuhören. Aber als Tom, Huck und Jim in St. Louis das Luftschiff eines Erfinders besichtigen, löst dieser plötzlich die Leinen. Und schon stecken sie im nächsten Abenteuer! Hoch oben schwebend ist an ein Verlassen des Luftschiffs nicht zu denken und bei einem Streit fällt der Erfinder auch noch über Bord. Nun sind die drei auf sich allein angewiesen. Die Hoffnung, in der großen Stadt London zu landen, zerschlägt sich, denn als sie endlich wieder landen können, liegt vor ihnen eine unendliche Fläche: die Sahara.
Was sich danach an abenteuerlichen Erlebnissen aneinanderreiht, lässt sich nicht einfach zusammenfassen: Kämpfe mit wilden Tieren, Begegnungen mit Karawanen, Wanderungen durch orientalische Städte und Besuche bei den sagenhaften Stätten des Alten Testaments.
Die Zeichnungen des Illustrators deuten die Szenen an, lassen aber Raum für eigene Phan-tasie. Es geht um Abenteuer und die Herausforderungen durch das Unbekannte und es geht um die Gespräche über Gott (im wörtlichen Sinne) und die Welt. Immer wieder prallen die Weltbilder des an Schulbüchern gebildeten Tom, des pragmatischen Huck, der übrigens die Geschichte erzählt, und des gläubigen Jim aufeinander. Dabei kommen absolut skurrile Erzählungen über die Erschaffung der Welt, Zeitzonen, Kreuzzüge und das
Wirtschaftssystem zustande. Nur ein Beispiel: Tom und Huck unterhalten sich über Kunst. Huck hat einem Maler zugesehen, der eine Kuh malte und behauptete, für das Bild werde er sicher 100 Dollar bekommen. Huck entgegnet ihm, dass die ganze Kuh nur 15 Dollar koste. Wozu also das Ganze? Der Autor – selbst ein neugieriger Weltreisender – lässt seiner Erzähllust freien Lauf, aber immer wieder scheint dahinter seine humanistische Haltung dem Weltgeschehen gegen-über auf. Nach einer heftigen Auseinandersetzung über die wenn nötig blutige Befreiung des Heiligen Landes von den Heiden, denkt Huck: „Ich bin friedlich und fange keinen Streit mit Leuten an, die mir nichts tun.“ Eine durchaus aktuelle Mahnung!