Einleitend berichtet der argentinische Autor davon, wie ein arabisches Manuskript aus dem 12. Jahrhundert über abenteuerliche Umwege zu ihm gelangte und er die „wunderbare Aufgabe“ erhielt, den Text für „zeitgenössische Leser zu adaptieren“.
Wunderbar und abenteuerlich sind auch die (Um)Wege, die der Held der Geschichte auf der Suche nach Reichtum und Macht zurücklegt, an deren Ende er aber etwas anderes findet. Arm geboren, verdingt sich Yusuf auf dem Markt von Bagdad. Auf der Suche nach Freunden gerät er in eine Diebesbande. Beim „großen Coup“ werden die kleinen Diebe gestellt, deren Anführer Umar entkommt, ein Freund Yusufs stirbt. Yusuf selbst darf wählen zwischen Hinrichtung und Sklavendasein. Als Sklave wird er gedemütigt und geschlagen. Bei einer Begegnung mit Umar auf dem Markt schlägt Yusuf diesen halbtot und landet im Gefängnis. Dort erzählt ihm ein Mitgefangener vom silbernen Stab und dem darin versteckten roten Schwefel, welcher alles Berührte in Gold verwandeln könne. Um in den Besitz des Stabes zu kommen, flieht Yusuf. Er reist mit Beduinen durch die Wüste, wird Matrose, rettet sich vor Piraten ins Meer, strandet auf einer Insel und gelangt schließlich nach Cordoba (al-Andalus), wo der Besitzer des Stabes, der Alchimist Abdu Rahman, lebt. Yusuf schleicht sich in dessen Vertrauen und wähnt sich am Ziel seiner Wünsche …
Yusufs Lebensgeschichte wird von seinem Sohn erzählt, dem jetzigen Besitzer des Stabes. So wie der Stab besitzt vieles symbolische Bedeutung. An Orten wie „Wüste“ oder „Insel“ ist der Held auf nachhaltige Weise mit „Welt“ konfrontiert. Gespräche mit Menschen unterschiedlicher – auch religiös geprägter – Wertvorstellungen verändern fast unmerklich Yusufs Ich, seine Art zu denken, zu fühlen und zu handeln. In o. g. Einleitung verweist Blasco auf die Besonderheit der erzählten Zeit, eine Phase hispano-arabischer Zivilisation (8.-15. Jh.). Das spannungsreiche Miteinander von Muslimen, Christen und Juden habe eine außergewöhnliche Entwicklung von Wissenschaften, Künsten und des Denkens hervorgebracht. Daran knüpft der Autor an, indem er die Frage, welche Werte ein Menschenleben bestimmen sollten, auf-greift. Entgegen der Weitschweifigkeit orientalischer Märchen bzw. Abenteuer- oder Reiserzählungen lässt er den „zeitgenössischen Leser“ auf nur 123 Seiten in eine ungemein faszinierende Welt reisen, welche ihn u. a. mit der Frage konfrontiert:
Will ich ein „Spiegelaffe“ sein, wie er Yusuf auf der Insel begegnet, oder jemand werden, der sein Ich selbst formt?
(Der Rote Elefant 33, 2015)