Was auf den ersten Blick wie ein reines Quatschbuch rüberkommt, bleibt es auch auf den zweiten, allerdings als eines, zwischen dessen Zeilen immer wieder ein tieferer Sinn aufscheint. Die Realität ist durchaus vorhanden, wird aber eher mit einer Art Möglichkeitssinn wahrgenommen, so dass selbst die zwischen den Buchdeckeln real handelnden Personen sich nicht immer ganz sicher sind, in welcher Welt sie sich gerade bewegen. So fragt sich die Titelfigur, der ca. 10-jährige Wenzel Könemann: „Bin ich in echt echt? Oder hat Onkel Nikolai mich nur für sein Buch erfunden?“
Wenzels Mutter hat in einem Preisausschreiben eine Flugreise für zwei Personen gewonnen und das heißt, dass in einer dreiköpfigen Familie einer übrig bleibt. Und das ist nun mal Wenzel. Da alle anderen infrage kommenden Verwandten unter irgendwelchen Vorwänden eine Aufenthaltsgenehmigung ablehnen, muss Wenzel zum schriftstellernden Onkel, den seine Nachbarn – und er selbst sich auch – für ein wenig merkwürdig halten. Es kommt, wie es kommen muss. Schon bald weiß keiner mehr (die Leser eingeschlossen), ob das, was geschieht, Wirklichkeit ist oder Traum oder phantastische Erzählung, die als Buch bei einem Verlag unterkommen will. Am Ende stehen aber alle wieder auf dem Boden der Realität – außer denen, die es eigentlich gar nicht gegeben hat – und haben ein wenig mehr über sich und die anderen erfahren.
Ein Buch vor allem für Kinder, die mal abseits von dem, was man lernen soll und wissen muss, Spaß daran haben sich Geschichten auszudenken und aufzuschreiben. Manche der im Text verstreuten Wort- und Gedankenspiele könnten einen guten Anlass dazu geben. Was könnte zum Beispiel eine „Bemerkenswerte-Sachen-Sammlung“ sein und welche Rolle spielt dieses merkwürdige Wesen in Onkel Nikolais Dichterleben, das ihm „half mit Entzücken / die Welt zu verrücken“? Jahre später, wenn es für den Leser im Philosophiestudium um Konvergenztheorien geht, kann er sich dann überrascht zurückerinnern.
(Der Rote Elefant 32, 2014)