„… es war, als ob alle im Laufe des Sommers ein Geheimnis erfahren hätten, und jetzt standen wir alle da und wussten etwas, in uns drin.“ Vor Schulbeginn hatte Tuva große Pläne für die Siebte: ein ganzes Tagebuch vollschreiben und malen, sich einen coolen Style zulegen, mit Bao und Linnéa die beste Base im ganzen Wald bauen, einen Übernachtungsgeburtstag feiern und sich verlieben (vielleicht). Doch nach den Sommerferien ist alles anders. Als sich ihre zwei besten Freundinnen streiten, gerät Tuva plötzlich zwischen die Fronten und soll ihre Loyalität beweisen. Und als ob das nicht schon genug wäre, stürzt sie die Bekanntschaft mit der neuen Schülerin Mariam im Schulorchester in ein regelrechtes Gefühlschaos.
Hinter Dåsnes‘ Coming-of-Age-Geschichte stehen Fragen wie „Wann ist man kein Kind mehr?“ oder „Was heißt es, ,jugendlich‘ zu sein?“. Die Ich-Erzählerin umkreist diese Fragen, indem sie in ihrem Tagebuch alles, was um sie herum geschieht, genau beobachtet und beschreibt, aber auch Zweifel und Unsicherheiten reflektiert, die sich aus unterschiedlichen Herausforderungen in Sachen Freundschaft, Gruppenzugehörigkeit und erster Liebe ergeben. Über knappe Sätze und einen glaubhaft gestalteten jugendlichen Jargon vermittelt sich das Porträt einer Heranwachsenden und deren Suche nach Identität, wobei Dåsnes farbige Illustrationen diesen Prozess wirkungsvoll untersetzen.
Das Ineinandergreifen von Text und Bild erzeugt eine gewisse Dynamik, die sich im Wechsel von künstlerisch gestalteten Tagebucheinträgen, comicartigen Szenendarstellungen und kurzen Chatverläufen spiegelt.
Auf emotional bedeutende Momente weist Dåsnes mittels ganzer Doppelseiten hin, z. B. als Tuva und Mariam Musik hören und dabei sehr nah beieinandersitzen oder als Tuva beschließt, „jugendlich zu sein“ und Poster berühmter Musiker*innen aufhängt. Auch die Wahl der Farben zielt darauf ab, die Gefühlswelt der Protagonistin nachempfindbar zu machen. So setzt Dåsnes z. B. Blautöne ein, wenn Tuva sich unsicher, ängstlich oder bedroht fühlt, während fröhliche Momente von Rosatönen begleitet sind. Gerade die gekonnte Verknüpfung von emotional wirkender Bildästhetik und jugendlichem Sprachstil dürfte Kinder an der Schwelle zur Pubertät ansprechen, bietet ihnen das Buch doch die Möglichkeit, sich mit der eigenen Identität und sexuellen Orientierung auseinanderzusetzen.
Ähnlich wie es Tuva am Anfang des Buches tut, könnten zum Einstieg Steckbriefe zur eigenen Person erstellt und künstlerisch gestaltet werden.
(Der Rote Elefant 40, 2022)