Die Schönheit der ihn umgebenden Welt bewegt den Star. Er beschließt: „Ich singe ein Lied, ein Lied, wie schön alles ist, wenn man so hinschaut wie ich“. Er erzählt anderen Vögeln davon: dem Specht, den Schwalben, den Enten. Allen fällt noch etwas ein, das der Star in sein Lied aufnehmen soll. „Vergiss nicht, von den Blüten zu singen“, wünscht sich das Rotkehlchen. „Und wie schön sie noch sind, wenn sie verdorren … Alles vergeht, aber das ist nicht schlimm, denn immer kommt etwas Neues“. Der Star greift die Ideen der anderen auf und sein Lobgesang auf die Fülle des Lebens erhält weitere Strophen.
Octavie Wolters versieht ihre klaren, monochrom schwarzen Linoldrucke mit zahlreichen Strukturen. Allein der Star wird darin mit seinem gelben Schnabel und den gelben Füßen hervorgehoben und gewinnt dadurch Individualität. Die abwechslungsreichen Doppelseiten geben Raum für die jeweilige Begegnung: das Schwarz der Nacht umschließt Star und Eule, das Rad des Pfaus entfaltet sich über den Seitenrand hinaus. Unaufdringlich vermitteln die Illustrationen, was den Vögeln wertvoll und wichtig ist. Dies verstärkt der poetische Text, der im Fall des Eisvogels als Spiegelung stimmig mit in das Bild eingeht.
Das Lied des Stars ist ein so kunst- wie kraftvolles Buch über die Dinge, die bedeutsam sind, und die philosophischen Fragen, die sie aufwerfen. Ist das Leben schwer oder ganz leicht? Wovon erzählen die Steine? Was ist nicht zu sehen, aber trotzdem da? Die letzten beiden, kursiv gesetzten Sätze wenden sich direkt an die Leser*innen: „Wenn du gut lauschst, dann hörst du es. Wenn du gut hinschaust, dann siehst du es.“
Zu Recht wurde diese Hymne auf die Schönheit der Existenz, das überaus beachtenswerte Bilderbuchdebüt der bildenden Künstlerin Octavie Wolters, von der Stiftung Buchkunst ausgezeichnet.
Das Buch fordert geradezu dazu auf, die kleinen und großen Wunder der Welt zu entdecken: Es wäre ein gelungener Auftakt für eine Wanderung oder Naturerkundung und kann dafür Sinne schärfen und Gedanken öffnen. Gleichzeitig regt es an, dem Loblied des Stars (aus eigener oder Tier-Perspektive) weitere Strophen hinzuzufügen. Größere Kinder könnten dabei selbst mit Linoldruck experimentieren.