Für den Ich-Erzählter begann alles Glück zu Weihnachten. Endlich ging dessen sehnlichster Wunsch in Erfüllung und eine wundervolle, viele Jahre währende Freundschaft konnte beginnen. Rückblickend schildert das „Ich“, wie „es“ bzw. „er“ Spielen, Baden, Spaziergehen und gemeinsames Lümmeln auf dem Sofa genossen hat. Es war auch gar nicht schlimm, als die Hundehütte für die Freunde eigentlich zu klein wurde. Moment mal! Wer erzählt hier? Weder Text noch Illustration geben anfangs darüber Auskunft: Immer sind ein Hund und ein Junge in Aktion zu sehen. Irgendwann durchschauen Leser- bzw. Betrachter*innen den Bilderbuch-Spaß, den der französische Künstler hier präsentiert: Hund berichtet vom großen Glück seiner Freundschaft mit einem Menschen.
Augenzwinkernd und humorvoll verkehrt Tallec die Hauptrollen und spielt mit dem (Un)Erwarteten. Dem knappen Text, in dem konsequent von „ihm“ und „ich“ die Rede ist, stehen farbige Bildszenen gegenüber, die ebenso Eindeutigkeit im Bildverständnis vermeiden. Tallec konturiert seine sympathischen runden Figuren mit Fineliner. Er nutzt Bunt- und Bleistifte, um Landschaften, Häuserwände und Wohnzimmer detailreich zu dekorieren. Darin versteckt er witzige Anspielungen; Wiederholungen sorgen für ein Wiedererkennen, z. B. des Zimmers. Einmal weicht der Künstler vom gewählten Format ab, um die Furcht vor einem möglichen Verlust des Freundes darzustellen: Für den zahlreich bevölkerten Strand und das Meer wählt er ein doppelseitiges Hochformat. Apropos Format: Das großformatige Bilderbuch irritiert nicht nur hinsichtlich der Perspektive(n), sondern muss auch anders geblättert werden: von unten nach oben. So erschließt sich die Anzahl der Doppelseiten: Zwölf Monate bilden ein Jahr (erzählter Zeit).
Der deutsche Titel des Buches weicht grundlegend vom französischen ab. („J‘en rèvais depuis longtemps“ – Ich habe schon lange davon geträumt.) Schade, denn erstens ist damit die witzige Idee der Perspektivermittlung verschenkt. Zweitens führt die Suche nach dem deutschen Titel im weltweiten Netz in die Irre, findet sich doch darin ein gleichnamiges attraktives Lifestyle-Magazin des besten Freundes des Menschen, worin ein zuverlässiger Gassi-Service oder ein ruhigen Schlaf verheißendes Hundebett angeboten werden. Der Titelfehlgriff eröffnet jedoch wiederum die Möglichkeit, passendere, Neugier weckende Titelvorschläge zu suchen.
(Der Rote Elefant 37, 2019)