„Bisher war es ein köstlicher Sommer“, schreibt Joe an Opa, der ihm brieflich einen Ausflug auf den Eiscremegipfel vorschlug. Da Joe Eis liebt, hat Opa den richtigen Ort gewählt. Doch in Joes Antwortbrief steht noch mehr, nämlich alles, was Joe im Laufe des Sommers erlebte und erfuhr. Darunter sind jede Menge Fakten und Geschichten über die geliebte Süßspeise, z. B. dass das erste Speiseeisrezept vor 2.000 Jahren in China entstand oder wer der Erfinder der spitzen Eistüte war. Letztlich erklimmen Opa und Joe den entsprechenden Gipfel, der – wie könnte es anders sein – in Form einer Eistüte die übrige (Eis)Landschaft überragt.
Der Bilderbuchkünstler Peter SÍs ist für seine Genauigkeit in der Gestaltung von Sachinformationen ebenso bekannt wie für die Fähigkeit, kindliche Phantasie illustrativ umzusetzen. Im neuesten Bilderbuch widmet er sich auf anschauliche Weise dem bei Groß und Klein beliebten „Speiseeis“, wobei diesbezügliche „Fakten“ als kleine comicähnliche Bilder in – mit hellen Wasserfarben kolorierte – phantastisch-verfremdete Illustrationen integriert sind. Hauptperson Joe scheint von „Eis“ geradezu umzingelt zu sein. Wo er sich während des Sommers auch aufhält, in der Schule, in der Eisdiele oder am Strand, allerorten finden sich Eishörnchen und Eiskugeln, so dass jede Bildseite als Suchbild verstanden werden kann. Bei genauem Hinsehen fällt z. B. auf, dass die Freiheitsstatue keine Fackel, sondern eine Eistüte in der Hand hält, Meereswogen merkwürdig rund heranwellen und in pointillistischer Manier Schatten werfende Punkte an Eis mit Kakaostreuseln erinnern.
Dabei entsteht zwischen sachlich formuliertem Brieftext und phantastischen Bildern stets eine humorvolle Distanz. Dies ist nicht nur eine vergnügliche Entdeckung, sondern vermittelt auch Verständnis dafür, wie Illustrationen Textaussagen ergänzen bzw. verändern können.
Das Bilderbuch animiert Kinder zum genauen Betrachten und schärft ihren Blick fürs Detail. Da Joe anhand der Eisdielen-Tafel „schwierige Wörter wie Tornado und Explosion“ buchstabieren lernt bzw. in der Schule Rechenaufgaben mit Eiskugeln löst, könnten Kinder mittels ausgesuchter Illustrationen zu ähnlichen Aktivitäten angeregt werden.
(Der Rote Elefant 34, 2016)