In seinem erzählenden Sachbuch Anschlag von rechts verbindet der Autor zwei Themen: 1. Hoffnung auf ein Leben in Sicherheit und 2. Gewalt aufgrund von Fremdenhass. Den Hintergrund bildet eine wahre Begebenheit: In einer mitteldeutschen Kleinstadt verübten zwei junge Männer und eine Frau einen Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim. Um das Geschehen nicht als Einzelfall, sondern als gesellschaftliches Problem anzuprangern, nennt Engelmann die Namen der wahren Täter und den konkreten Tatort nicht. Fiktion und Realität greifen ineinander, wobei deutlich wird, wie gründlich Engelmann vor Ort und in den sozialen Netzwerken der rechten Szene recherchiert hat, was auch das umfängliche Glossar zu Symbolen und Codes neonazistischer und rechter Kreise am Ende des Buches belegt.
Anhand der Protagonisten Robert (strategischer Denker in der Neonaziszene, Anstifter des Anschlags), Matze (arbeitslos, alkoholabhängig, klassischer Mitläufer, der mal so richtig was zeigen will) und Beate (alleinerziehende Mutter zweier Kinder, die „nur das Auto“ gefahren hat) zeigt Engelmann, wie erschreckend nah verharmlosendes, fremdenfeindliches Gedankengut und Gewaltbereitschaft beieinander liegen. Dass die Täter ideologisch in die rechte Szene verstrickt sind und ihr Anschlag nicht allein aus einer alkoholisierten Laune entsprang, wird im Laufe von Verhören, im Prozess und schließlich im richterlichen Urteil deutlich.
Als auktorialer Erzähler richtet Engelmann den Fokus auf jeden einzelnen Täter, wobei fasziniert, wie er deren Auseinandersetzung mit der (Un)Schuldfrage entwickelt bzw. wie sich diese gegenüber Freunden, Eltern bzw. Nachbarn rechtfertigen: „Er (Robert) hatte etwas getan. Etwas, das getan werden musste. Wenn nicht er, wer würde es sonst tun? (…) Was war an Gewalt so verwerflich, wenn alles Reden nichts nutzte? Es musste doch etwas geschehen!“ Zur Komplexität dieser Darstellung tragen überdies Aussagen von Müttern und Anwälten bei.
Die Handlungsebene der Täter kontrastiert Engelmann mit den Schicksalen der fünf Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen aus ihren Heimatländern Afghanistan, Somalia, Syrien, Pakistan und Simbabwe fliehen mussten. Nun in Deutschland zu Anschlagsopfern geworden, erscheint für diese Menschen ein Leben ohne Angst kaum mehr möglich.
Mit Anschlag von rechts hält der Mahner und politische Aufklärer Reiner Engelmann erneut ein Plädoyer für den Rechtsstaat und klagt damit auch die uneingeschränkte Gewährung von Menschenrechten und Asyl ein. Aufbau und didaktische Anteile prädestinieren das Buch für den Einsatz im Politikunterricht.
(Der Rote Elefant 36, 2018)