Gleich am Anfang des Buches versucht der Autor den Lesern und Leserinnen seine Begeisterung für das Material Holz nahezubringen. „Ohne Holz wäre alles nichts.“ Das klingt schon mal philosophisch, muss aber ehrlicherweise gleich darauf korrigiert werden, weil es natürlich noch andere wichtige Dinge auf der Erde und auch noch andere Materialien gibt. Aber wenn die visuelle Einstimmung auf dem Innendeckel, das Foto eines Stücks von einem alten verwitterten Balken, ihre Funktion erfüllt hat, sind wir gern bereit, der anschaulichen und kundigen Erzählung zu folgen.
Es gibt eine Rahmengeschichte, in der ein Junge (warum eigentlich nicht mal ein Mädchen?) seinen Vater überredet, eine alte Kommode von einem Sperrmüllhaufen nach Hause mitzunehmen. Die Arbeit an diesem Möbelstück zieht sich durch das ganze Buch, bis es am Ende in Dienst gestellt werden kann und einfach schön aussieht. Inzwischen wurde aber eine ganze Enzyklopädie des Wissens über Holz ausgebreitet: Baumaterial, Energieträger, Rohstoff für künstlerische Arbeiten und Motiv in Mythen und Märchen. Vom Fachwerkhaus bis zur Hansekogge, vom Thonet-Stuhl bis zur industriell gefertigten Spanplatte wird der Bogen gespannt. Und natürlich gibt es ein Kapitel über die „deutsche Eiche“ und den documenta-Eichenwald von Joseph Beuys. Zahlreiche informative Zeichnungen und originelle Fotos, z.B. von einem Auto mit Holzvergaser und der Werkstatt eines Geigenbauers, ergänzen den Text. Selbstverständlich werden auch Probleme wie das Waldsterben oder der Holzverbrauch bei der Papierherstellung nicht verschwiegen. Aber vorrangig geht es darum, Holz in all seinen Erscheinungsformen und Verarbeitungsmöglichkeiten interessant zu machen. Dabei bleibt es nicht bei der Theorie. Die Geschichte von der Aufarbeitung der alten Kommode mündet in eine Aufforderung an den Leser, sich einmal selbst der Bearbeitung eines Stückes Holz zu stellen. Denn: „Holz macht die Hände schlau.“ Möglicherweise mehr als das Bedienen eines Touchscreens.
(Der Rote Elefant 30, 2012)