Hat eine Katze wirklich 7 Leben? Die Katze des kleinen Mädchens wurde nicht einmal ein Jahr alt. Überfahren vom Auto des neuen Briefträgers wird sie vom Mädchen und dessen Vater unter dem Fliederbusch begraben. Danach wird das Kind krank. Allein im Bett phantasiert es die angeblich sechs weiteren Leben und Tode seiner Katze – als Maus, Elefant, Schlange, Eisbär und Kaninchen. In ihrem siebten Leben fliegt die Katze als Storch in den Süden. Während das Mädchen von ihr Abschied nimmt, entdeckt es eine winzige gestreifte Katze und rettet diese vor dem einbiegenden Postauto. Ein Ende wird zum Anfang …
Saskia Hula erzählt, phantastisch überhöht, eine ernste und zugleich humorvoll-tröstliche Geschichte über die Verarbeitung eines Verlustes durch ein sensibles Kind. Krankheit und Fieber(traum) wirken dabei wie Metaphern für die notwendige (Aus)Zeit und Zurückgezogenheit, die Trauer braucht.
Während dieses Prozesses machen Figur und Leser die entlastende Erfahrung, dass Trauerarbeit auch komisch-lustige Momente enthalten kann.
Die Collagen von Aljoscha Blau, ausgeschnittene Einzelteile, montiert auf weißem oder blassfarbenem Hintergrund, entfalten auf jeder Seite eine ganz eigene Bilderwelt, wobei die gedeckten Farben die mal traurige, mal aufgehellte Stimmung des Textes aufnehmen. Blau spielt auf seine Weise mit dem emotional hilfreichen (Aber-) Glauben an die 7 Leben der Katze, der damit verbundenen symbolisch aufgeladenen Zahl und mit „Anfang“ und „Ende“. Auf Vor- und Nachsatz finden sich auf schieferfarbenem Grund nummerierte Piktogramme mit den entsprechenden Tierköpfen. Jedes Tier besitzt eine charakteristische Farbe, die sich in der Gestaltung der Zahl „7“ auf dem Cover und der „SIEBEN“ auf dem Titelblatt ebenso wiederfindet wie in den Einzelillustrationen. Zusammengefügt ergeben sie die Farben des Regenbogens. Ein solcher spiegelt sich auch auf der letzten Seite in einer Pfütze. Spielt Blau auf die mythologische Bedeutung des Regenbogens als Mittler zwischen Erde und Himmel an? Hat die Katze des Mädchens jetzt einen Platz im Katzenhimmel? Wäre letzteres ein Trost für kindliche Leser und Betrachter?
Überhaupt bieten Text und Illustrationen viele Anlässe für Fragen und vertiefende Gespräche: Woher kommt die Redewendung, dass Katzen sieben Leben haben? Trampeln Kaninchen wirklich mit ihren Hinterpfoten, um sich gegenseitig auf Gefahren aufmerksam zu machen? Hat der Storch die winzige gestreifte Katze gebracht? Und haben die Leser selbst schon Tiere verloren und wie und wo wurden sie beerdigt?
(Der Rote Elefant 35, 2017)