Die 10-jährige Romy aus dem niederländischen Grenzkaff Luttel, in dem es „mehr kein als ein“ gibt, nervt, nicht für voll genommen zu werden: Warum die Eltern „nicht mehr miteinander weiterwollen“, erklärt ihr keiner, ein Handy bekommt sie erst mit zwölf, die Lehrerin plaudert anvertraute Sorgen einfach weiter, an der Tankstelle, wo die Mutter arbeitet, soll sie nicht auftauchen und alleine zu Hause bleiben erst recht nicht. So geht Romy jeden Nachmittag zum Friseursalon von Oma Stine, wobei diese keine nette, fürsorgliche Oma, sondern immer beschäftigt und streng ist. Helfen bzw. stören darf Romy dort natürlich auch nicht, sodass sie – immerhin mit Perserkater Jens – die Zeit auf dem Sofa wartend verbringt. Zunehmend häufen sich jedoch Momente, wo Stine Sachen verlegt oder sich bei der Abrechnung verzählt. Als Stines Angestellte kündigt, muss Romy einspringen. Manchmal wird Oma jetzt weicher, erzählt von ihrer Kindheit und Jugend im dänischen Rødby und unternimmt mit Romy spontan Ausflüge. Als auffliegt, dass im Salon nicht mehr alles rund läuft und die Ärzte Demenz feststellen, lässt Romys Mutter über Stines Kopf hinweg den Salon schließen und Stine kommt in ein Pflegeheim. Romy ist empört. Als Stine einen Pfleger mit der Haarschneideschere attackiert, ein Streit mit der Mutter eskaliert und der Friseursalon, den Romy später übernehmen sollte, zur Kaffeebar umgebaut wird, reicht es Romy. Heimlich bricht sie mit Kater und Oma zu deren Kindheitsort in Dänemark auf.
Tamara Bos, eigentlich Drehbuchautorin, überzeugte bereits bei den Themen Tierliebe („Wo ist Winkys Pferd?“, verfilmt) und Tod („Papa, hörst du mich?“, RE 31) durch eine konsequente und sensible Erzählweise aus der Kindperspektive. Auf der Basis eines frühen Drehbuches schuf sie mit Ich-Erzählerin Romy wiederum eine authentische kindliche Stimme, mit der ein positiver Blick auf eine demenzkranke Frau gelingt und die Annäherung zwischen Oma und Enkelin – und eben nicht die häufig thematisierte Entfremdung – im Mittelpunkt steht. Erst im Nachhinein schrieb Bos das entsprechende Filmscript fertig. Der in den Niederlanden bereits preisgekrönte Film kommt im September 2019 ins deutsche Kino. Alles, was Romy nicht soll oder darf, könnte in Zitaten am Anfang einer Buchvorstellung stehen, um mit den anwesenden Kindern über eigene Erfahrungen ins Gespräch zu kommen. Worüber dürfen die Kinder bereits entscheiden und was wird auf wann verschoben? Wie ist das im Alter? Wann kann und darf man bestimmte Dinge vielleicht nicht mehr tun? Dieser Diskussionseinstieg könnte sich den Übergängen zwischen Verantwortung und Entmündigung annähern.
(Der Rote Elefant 37, 2019)