Es gibt wieder Torte! Diesmal gleich zwei Torten, wiederum zubereitet von Herrn und Frau Hund für ein großes Picknick. Gemeinsam mit einigen alten und vielen neuen Bekannten machen sie sich auf den Weg. Doch am Ziel angekommen, sind die Torten weg!
Thé Tjong-Khing erzählt zum 2. Mal mehrere Geschichten in einem Buch, ohne ein einziges Wort zu benutzen. Dabei verzichtet er diesmal auf großzügige Landschaftsbilder wie im Vorgänger Die Torte ist weg!, sondern konzentriert sich voll und ganz auf die lustige Schar verschiedenster Tiercharaktere. Als da sind u. a. eine übermäßig eitle Pudeldame, ein Kinder ärgernder halbstarker Hase, eine ordnungsfanatische Ziege, eine unablässig naschende Maus. Jedes Tier hat einen unverwechselbaren Charakter, wobei Ähnlichkeiten mit menschlichen Schwächen und Stärken natürlich rein zufällig sind. Die größte Sympathie verdient sich ein kleiner Hase, indem er allen Gefahren und Ungeheuern, die sich ihm permanent in den Weg stellen, mutig Schwert und Stirn bietet. Waren beim ersten Buch die Tortendiebe von Anfang an bekannt, ist hier ein ganz besonders aufmerksamer Betrachter gefragt, denn wohin die Torten verschwinden, wird erst am Ende aufgelöst.
Auch diesmal macht es großen Spaß, die Parallelgeschichten durch Vor- und Zurückblättern zusammenzufügen, um keine (versteckte) Einzelheit zu übersehen. Hilfreich sind dabei bestimmte Aufteilungen, welche die mit Wasserfarben und Acryl getuschten Doppelseiten strukturieren. Waren es bei Die Torte ist weg! vier Wege, welche die Zweidimensionalität der Illustrationen ins Räumliche weiten und damit jeder Figurengruppe und Geschichte genügend Platz bieten, so sind es hier unsichtbare Linien, welche die Bilder horizontal, vertikal oder diagonal durchziehen. Sie bieten dem Betrachter trotz Handlungsturbulenzen notwendige Konzentrationspunkte. Man mag Thé Tjong-Khing unterstellen, nach erfolgreichem Rezept einfach weiterzubacken. Wenn das Ergebnis jedoch so köstlich, mit so viel Witz und liebevoller Gestaltung daherkommt, können zwei Torten mehr Geschmack erzeugen als nur eine. Denn natürlich wird auch mit diesem Buch das Sehen, Benennen und Erzählen von Kindern auf vergnüglich-spielerische Weise geschult. Sinnvoll ist es, Beobachtungsaufgaben nach Figurengruppen aufzuteilen und diese zusammenzutragen. Das intensive Betrachten sollte mit Buch in Kleingruppen oder in größeren Gruppen mit Hilfe eines Bilderbuchkinos geschehen. Im Anschluss böte es sich an, die Kinder Charakterprofile zu eigenen Figuren für eine neue Geschichte entwickeln zu lassen.
(Der Rote Elefant 26, 2008)