„Ich glaube, es entspricht unserem Wesen, dass wir forschen und ins Unbekannte vordringen.“ Diese Aussage des 1874 geborenen Ernest Shackleton meint mit dem „Unbekannten“ tatsächlich noch Teile der Erdoberfläche, die bis dato noch kein Mensch betreten hatte. Seine Expedition, die fast zeitgleich mit dem Beginn des Ersten Weltkrieges im August 1914 startet, sollte die Antarktis durchqueren und dabei den Südpol, der drei Jahre zuvor von Amundsen und Scott erreicht worden war, passieren. Aber das Ziel bleibt unerreicht, das Schiff „Endurance“ wird vom Packeis zerstört und die Besatzung muss überwintern. Nach vielen Entbehrungen erreicht schließlich ein Vortrupp eine Walfangstation und kann Hilfe holen. Die Männer überleben, die Schlittenhunde nicht. Shackleton ist nun berühmt, hält viele Vorträge über die Expedition, wird noch zu Lebzeiten im Wachsfigurenkabinett von Madame Tussaud ausgestellt und erlebnispädagogisch ausgerichtete Schulen werden nach ihm benannt.
Schon beim schnellen Blättern im Buch wird klar, dass Text und Bilder aus einer Hand stammen. Liebevoll und mit höchster Detailgenauigkeit lässt uns der Künstler bereits den Bau des Schiffes, die Zusammenstellung der Ausrüstung und der Mannschafft miterleben. Alle 69 Schlittenhunde sind abgebildet und die Besatzungsmitglieder tragen Namen. Dann folgt das Abenteuer selbst. Die dramatischsten Szenen: Das Schiff, verloren in der Meereswüste. Unwetter und zerklüftete Eislandschaften sind auf Doppelseiten ohne Text besonders eindrucksvoll dargestellt. Manche der mit Buntstift und Kreiden gestalteten Bilder sind realen Fotos nachempfunden. Der Text folgt den Expeditionsberichten und teilt etwa mit, dass die im Eis eingeschlossenen Männer sich Geschichten erzählen, Lieder singen und Artikel aus der Enzyclopädia Britannica abfragen, um die erzwungene Isolation auch mental zu überstehen. Es handelt sich weniger um individuelles Heldentum als um den Zusammenhalt einer Gemeinschaft, um Ausdauer und Durchhaltewillen, die schließlich die äußeren Gefahren überwinden helfen.
Neben vielen sachkundigen Informationen ist dies die wichtigste Mitteilung William Grills. Die Verzahnung von großem Abenteuer, das tatsächlich stattgefunden hat, und letztgenannter Botschaft vom Zusammenhalt einer Gemeinschaft geht auch heutige Kinder an.
(Der Rote Elefant 34, 2016)